Gastbeitrag von ANDREAS SCHREIBER

Ich wurde gebeten, auf dem KGSt-Forum 2017 in Kassel einen Vortrag zu den Erfahrungen des Landkreises Ludwiglust-Parchim mit der eAkte zu halten. In diesem Artikel fasse ich im Nachgang die Inhalte dieses Vortrages für alle an der eAkte und ihrer Einführung – insbesondere auf kommunaler Ebene – Interessierte zusammen.

Seit 2007 setzen wir im Landkreis bereits die eAkte ein. Leider ist der Einführungsprozess durch eine Kreisgebietsreform 2012 und fehlender personeller und finanzieller Ressourcen nicht so schnell vorangekommen wie eigentlich geplant.

Bisher konnten wir folgende Bereiche umsetzen:

  • die KFZ-Zulassung,
  • den Fachdienst Soziales inkl. Digitalisierung des Posteinganges,
  • den Fachdienst Personal & Organisation mit der Personal- und Gehaltsakte,
  • den Fachdienst Recht mit der Rechtsakte,
  • den Fachdienst Rechnungs- und Gemeindeprüfung mit der Prüfungsakte,
  • den Fachdienst Finanzen mit dem „späten scannen“ der Anordnungen und der Vollstreckungsakte
  • in mehreren Bereichen die allgemeine Schriftgutverwaltung mit dem Aktenplan
  • und beginnen gerade mit dem Ausrollen der Vertragsakte in allen Fachdiensten

Das eGov-Gesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat zusätzlich für neuen Schwung bei der Einführung gesorgt. Auch wir Kommunen fallen hier in den Geltungsbereich und sollen bis zum Jahr 2020 die eAkte eingeführt haben. Diese gesetzliche Grundlage hilft bei der Einführung doch sehr.

Folgende Problemstellungen haben sich bei und nach der Einführung der eAkte im Landkreis Ludwigslust-Parchim hauptsächlich gezeigt.

Problem 1 – Datenaustausch mit anderen Behörden/Gerichten  – Foxdox, SharePoint, EGVP, BePO…

Bei der Nutzung der eAkte kommt in fast allen Bereichen immer wieder die Fragestellung auf: „Wie bekommen wir die Akte jetzt zur Behörde XY?“. Einerseits arbeiten viele Behörden noch nicht mit der eAkte und möchten gerne Papierakten, anderseits gibt es gerade auf kommunaler Ebene keinen Standard, der die Übergabe von eAkten mit Metadaten ermöglicht. Es werden dann doch wieder Ausdrucke erstellt oder die eAkte in eine PDF-Datei „gepackt“. Aber auch wenn die Akte elektronisch übermittelt werden kann, ist auch hier die Frage des wie. Per eMail verbietet sich von selbst, da personenbezogene Daten, EGVP kenn viele nicht und wenn dann gibt es nur einige wenige zentrale Postfächer pro Behörde.

Wir behelfen uns momentan mit einem Sharepointsystem. Hier sollten zügig bundesweite Möglichkeiten für alle geschaffen werden.

Problem 2 – Mitarbeiter müssen digital denken, … ich hab da aber noch meine Arbeitsakte mit meinen Berechnungen …

Wie bereits bei der Einführung der Computer oder der Einführung der eMail in der Verwaltung benötigt auch die Einführung der eAkte einen Wandel im Denken der Beschäftigten. Dass Akten nun nicht mehr auf dem Schreibtisch liegen und mit dem Stift in der Hand Kommentare angebracht werden können, sondern dies nun am Computer durchgeführt werden muss, ist für viele ein schwieriger Umstellungsprozess in ihrer gewohnten, persönlichen Arbeitsweise.

Problem 3 – Darf ich mit dem Handy Unterlagen fotografieren und wie kann ich sie in die Akte ablegen?

Neben dem normalen Scannen von Unterlagen im Büro über die Tischscanner oder das Multifunktionsgerät auf dem Flur müssen wir den Kolleginnen und Kollegen weitere Möglichkeiten geben, ihre Unterlagen der eAkte beizufügen. Hierfür benutzen wir die App unseres DMS-Herstellers. Aber auch hier kommen wieder die Fragen nach der Datensicherheit und der Nutzung von privaten Geräten. Wir versuchen jedoch die Nutzung so einfach wie möglich zu gestalten, da nur so die Akzeptanz auch steigt.

Problem 4 – Nicht per Outlook sondern im DMS Dokumente senden

Jahrelange haben wir in den Kommunen sowohl für die interne als auch teilweise die externe Kommunikation mit eMail gearbeitet. Durch diese Form der schnellen und einfachen Kommunikation sind viele Umlaufmappen und Briefe weggefallen. Mit der Einführung eines Dokumentenmanagementsystems und der eAkte müssen wir die Beschäftigten nun wieder mit einer neuen Kommunikationsform vertraut machen. Dokumente, die bereits im DMS liegen, müssen nicht erst per Outlook versendet werden, um sie dann doch wieder im DMS abzulegen. Hier muss stärker auf die Postfach-Funktionalitäten im DMS gesetzt werden.

Problem 5 – Auslegung der rechtlichen Vorgaben SGB X, VwVfG, Scan oder Papier

Die Einführung der eAkte hört sich bei den Softwareanbietern immer so einfach an. Da installieren wir das DMS und die Schnittstelle zum jeweiligen Fachverfahren und fertig ist die eAkte. Technisch gesehen ist das, was zu tun ist, tatsächlich relativ einfach. Die Komplexität liegt vielmehr in den einzelnen Fachgesetzen, im Datenschutzgesetz und weiteren Regelungen. Hier fängt heute noch jede Kommune für sich an und definiert was und wie gescannt werden darf – bundeseinheitliche Sicherheitskonzepte und Schutzbedarfsfeststellungen wären da sehr hilfreich.

Problem 6 – Immer mehr Posteingang der digitalisiert werden muss, daher mehr elektronische Eingänge, Servicekonto, Serviceportal, Akteneinsicht

In der momentanen Übergangszeit von der Papier- zur eAkte stehen alle Behörden vor dem Problem der Digitalisierung des Posteinganges. Das noch immer sehr hohe analoge Postaufkommen wird viele Kommunen vor finanzielle und personelle Problem stellen. Es müssen daher jetzt zügig die Möglichkeiten der elektronischen Antragstellung für die Bürger und Unternehmen ausgebaut werden.

Problem 7 – Nutzungsverhalten – EAkte versus Datei-Explorer

Auch nach längerer Nutzungszeit der eAkte ist es notwendig, über die Nutzung nachzudenken. Nicht alles, was in die Akte gelegt wird, gibt es gerade auf kommunaler Ebene ist auch aktenrelevant. Die Nutzer müssen dazu motiviert werden, auch mal Dateien zu vernichten. Es darf nicht dazu führen, dass alle Dateien so wie früher irgendwo in den Fachdienstlaufwerken einfach abgelegt werden. Anders als Papier nehmen die Dateien ja keinen sichtbaren Platz weg. In die eAkte gehört im Regelfall nur das finale Dokument und nicht auch alle dazugehörigen Entwürfe.

Problem 8 – Verwaltungsübergreifende Zusammenarbeit 

Neben der Frage der Übermittlung von Akten (vgl. Problem 1) müssen wir bei der Nutzung der eAkte zukünftig mehr Möglichkeiten der Zusammenarbeit anbieten. Dies muss einerseits intern bei der fachdienstübergreifenden Zusammenarbeit in der eAkte als auch verwaltungsübergreifend möglich werden – zum Beispiel zwischen Landkreis und kreisangehörigen Kommunen. Unter anderen beim Betrieb von kooperativen Bürgerbüros, wie es sie im Landkreis Ludwigslust-Parchim gibt, besteht die Notwendigkeit des gemeinsamen Zugriffs auf eAkten. Hier sind die IT-Abteilungen und Softwareanbieter gefordert, Lösungen anzubieten.

Problem 9 – die eAkte muss einfach nutzbar sein

Je komplizierter die Ablage der Dokumente (Signatur und Verschlagwortung), je höher die Gefahr der Weiterführung der Papierakte.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit der Einführung der eAkte in der Kommunalverwaltung viele positive Effekte erzielt werden können. Damit die Einführung aber auch erfolgreich umgesetzt wird, ist eine interkommunale Kooperation unerlässlich. Nicht jedes eAkte-Projekt ist einzigartig. Wir müssen die kommunalen Ressourcen bündeln und gemeinsam einsetzen. Auch die Digitalisierung der Arbeit in der Verwaltung allgemein muss schneller voranschreiten. Wenn wir intern bereits digital arbeiten, müssen wir auch den externen Eingang digital ermöglichen. Dann spielt auch die TR-Resiscan nicht mehr die große Rolle.

Zum Autor: Andreas Schreiber, geboren 1971, ist seit 1988 in der Verwaltung tätig. Aktuell ist er für die Einführung der eAkte beim Landkreis Ludwigslust-Parchim verantwortlich.

Präsentation zum Vortrag [PDF]